Fachspezifische Objektzugänge in der Sammlung Textile Alltagskultur
Die STAK fokussiert sich stattdessen auf individuelle Bedeutungsaufladungen der textilen Gegenstände, auf subjektive Theorien zum Bereich Kleidung und auf Praktiken im Umgang mit ihr.
Interviews
In der qualitativen Forschung hingegen steht die befragte Person, das Subjekt, im Vordergrund. Qualitative Forschung möchte subjektive Einstellungen, Motive, Verhalten, Praktiken und Biografien untersuchen, also subjektive Realitäten nachvollziehen und verstehen. Bei qualitativen Interviews gibt es zwei Hauptunterscheidungen: semi-strukturierte und offene Interviews.
Einen Unterschied macht es methodisch auch, ob Einzel- oder Gruppeninterviews geführt werden. Letztere können beispielsweise als semi-strukturierte Interviews oder Diskussion stattfinden. Gruppeninterviews erfordern hohe Kompetenzen der Interviewer*innen. Für den Einstieg solltest du dich also an Einzelinterviews halten. Darüber hinaus gibt es noch diverse Spezialformen des Interviews, wie Telefon- oder Skype-Interviews, denen meist jedoch eher pragmatische als methodische Überlegungen zu Grunde liegen. Skype-Interviews haben jedoch den Vorteil, dass auch Video aufgezeichnet werden kann und somit non-verbale Reaktionen leichter ausgewertet werden können.
Im folgenden findet ihr zusätzliche Tipps und Tricks, die euch beim Führen und Auswerten eines Interviews helfen können
Tipp
Ethische Überlegungen
Weitere Infos zum Ethikkommissionsantrag unter: https://uol.de/medizinische-ethikkommission/formulare
Da es sich bei Interviews um Forschung mit Menschen handelt, sind hier einige ethische Prinzipien zu beachten. Um euch mit diesen vertraut zu machen, könnt ihr das untenstehende Memory spielen.
Ethische Überlegungen
Weitere Infos zum Ethikkommissionsantrag unter: https://uol.de/medizinische-ethikkommission/formulare
Da es sich bei Interviews um Forschung mit Menschen handelt, sind hier einige ethische Prinzipien zu beachten. Um euch mit diesen vertraut zu machen, könnt ihr das untenstehende Memory spielen.
Subjektivität und Intersubjektivität
Das Gütekriterum schlechthin der quantitativen Forschung heißt “Objektivität”. Gemeint ist, dass Forschungsergebnisse angeblich unabhängig von den Forschenden seien. Dieses Kriterium ist schon bei quantitativer Forschung wacklig und lässt sich auf qualitative Forschung erst recht nicht anwenden, da hier die Forschenden selbst das „Messinstrument“ sind. Gerade in qualitativen Studien werden die Forscher*innen selbst zum Teil des untersuchten Feldes und haben Einfluss auf dieses. Deshalb sind die Ziele hier reflektierte und transparente Intersubjektivität.
Wichtig hierfür ist die Selbstbeobachtung während des Forschungsprozesses, beispielsweise von Ängsten, Irritationen oder Vorurteilen. Darüber hinaus sollten die eigenen Positionierungen, Voraussetzungen, Vorannahmen und Werte reflektiert werden. Mehr Infos dazu, wie das in deinem Schreibprozess aussehen kann, findest du im Onlinekurs “Wissenschaftliches Arbeiten” unter https://qpluslernplattformen.uni-oldenburg.de/der-schreibprozess/
In einer Interviewsituation können dafür Prä- und Postskripte hilfreich sein. In einem Präskript werden vor einem Interview Erwartungen, Ziele und der eigene Gefühlszustand notiert, im Postskript Eindrücke nach dem Interview festgehalten. Dabei kann es sich um Informationen zu Gesprächen vor und nach der Aufnahme handeln, um Notizen zum eigenen Verhalten, zum Verhalten der anderen Person(en), Irritationen, Auffälligkeiten oder besondere Vorkommnisse, nonverbale Kommunikation und erste Interpretationsideen.
Qualitative Forschung kann, anders als ein standardisierter Versuchsaufbau, niemals genau gleich wiederholt werden. Bei der Einschätzung der Verlässlichkeit qualitativer Daten geht es deshalb nicht darum, ob sie replizierbar sind, sondern ob der Forschungsprozess nachvollziehbar ist. Eine transparente Dokumentation aller Schritte dieses Prozesses ist deshalb sehr wichtig, von Vorwissen und Vorannahmen, über die Erhebungsmethoden, Kontext, Transkriptionsregeln, und die Auswertung, bis hin zu aufgetretenen Problemen.
Was ist ein Interviewleitfaden
Der Grad der Strukturierung kann hierbei je nach Forschungsfrage, Interviewmethode und Erfahrung sehr unterschiedlich sein. Manche Interviewer*innen formulieren ihre Fragen aus und setzen sie in eine feste Reihenfolge, andere schreiben lediglich Stichworte auf. In jedem Fall sollten die Fragen möglichst offen formuliert sein und Raum für verschiedene Antworten geben. Die Sprache sollte verständlich und alltagsnah sein und jede Frage nur ein Thema anschneiden.
Ein Interview-Leitfaden kann dabei helfen, dem Interview eine sinnvolle Struktur zu geben. Einem Interview sollte stets eine Informationsphase vorgeschaltet sein, in der die Interviewpartner*innen über die Studie informiert werden und eine Einverständniserklärung unterschreiben. Im Interview selbst ist eine Einstiegs- und Aufwärmphase hilfreich. Hier sollten möglichst einfache, offene und breite Fragen den Interviewpartner*innen den Einstieg in das Thema erleichtern, ihnen die Scheu nehmen und deutlich machen, dass es keine richtigen oder falschen Antworten gibt. Das Ziel ist das Schaffen einer angenehmen Gesprächsatmosphäre. Nun kann das Interview in die Hauptphase und zu den eigentlich relevanten Themen übergehen. Zum Schluss ist eine Ausklang- und Abschlussphase wichtig. Hierbei sollte den Interviewpartner*innen explizit die Möglichkeit gegeben werden, über Dinge zu sprechen, die noch nicht thematisiert wurden, ihnen aber wichtig sind. Nun geht es darum, das Interview zu einem guten Ende zu bringen und einen Übergang aus der ungewöhnlichen und vielleicht aufwühlend Interviewsituation in den normalen Alltag zu ermöglichen.
Wie transkribiere ich?
Um nach einem Interview dein ganzes Material analysieren und auswerten zu können, ist es notwendig, dieses zu verschriftlichen, also zu transkribieren. Eine Verschriftlichung von Gesprochenem ist jedoch immer eine Reduktion. Deshalb ist eine bewusste Entscheidung notwendig, wie und was transkribiert wird. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten: als Hochsprache nach der geltenden Rechtschreibung oder als Dialekt oder mit Beibehaltung der individuellen Sprachfärbung, mit Pausen, Betonungen und Verhalten oder ohne, und und und. Die Entscheidung für die Transkriptionsmethode hängt hier von der Fragestellung und den vorhandenen Zeitkapazitäten ab. Transkribieren ist nämlich sehr zeitintensiv: je nach Methode, Erfahrung und Tippgeschwindigkeit brauchst du für eine Stunde Interview 6-10 Stunden Transkriptionszeit. Häufig kann es notwendig sein, Betonungen oder Lachen mit zu transkribieren, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Hier kann es auch hilfreich sein, sich bereits während des Interviews oder direkt danach entsprechende Notizen zu machen. Auf jeden Fall solltest du deine Transkriptionsmethode im Methodenteil kurz darstellen.
Die einzelnen Zeilen einer Transkription sollten nummeriert sein, um einzelne Stellen zitieren und eindeutig identifizieren zu können. Zudem können Zeitcodes hilfreich sein, um das Wiederfinden in einer Audiodatei zu ermöglichen. Dabei kann eine Transkriptionssoftware hilfreich sein.
Als Student*in der Uni Oldenburg kannst du über den Link https://software.uni-oldenburg.de/software/MaxQDA/ die Software von MaxQDA downloaden. Bist du gerade nicht auf dem Campus und keinen Zugang zum Uni-WLAN? Dann installiere einen VPN. Die Anleitung hierzu findest du unter https://uol.de/itdienste/services/netzzugang in dem Abschnitt VPN-“Zugang zum Campusnetz von extern”.
Wie werte ich ein Interview aus?
Achtung
Aller Anfang ist schwer!
Um euch den Einstieg zu erleichtern findet ihr hier einen Fragebogen zu objektzentrierten Interviews im Download. Hierbei handelt es sich um ein Beispiel aus der Sammlung Textile Alltagskultur.
Welche Fragen kann ich mir vor und nach dem Interview stellen, um eigenen Positionierungen, Voraussetzungen, Vorannahmen und Werte zu reflektieren?
- Welche Privilegien besitze ich, welche Diskriminierungen erfahre ich?
- Welchen Einfluss haben diese Privilegien und Diskriminierungserfahrungen darauf, wie ich das Feld und meine Interviewpartner*innen wahrnehme?
- Was meine ich schon zu wissen?
- Welchen Einfluss hat mein Vorwissen auf die Interviewsituation?
- Was war mein erster Eindruck (von Interviewpartner*in, Umfeld,…)?
- In welcher Stimmung bin ich in die Interview-Situation gegangen?
- Wie ging es mir danach?
- Wie habe ich mich verhalten und wie geht es mir damit?
- Warum habe ich mich so verhalten?
- Was hat mich berührt, was verärgert, irritiert?
Aus dem Nähkästchen in die Wissenschaft
- Was kann ich über das Objekt, dessen Herstellung, Gestaltung, Nutzung und Pflege erfahren? Über welche Bestände an (Alltags-)Wissen verfügt der*die Spender*in?
- Welche Mensch-Objekt-Beziehung kommt auch zwischen den Zeilen des Gespräches zum Ausdruck? Was symbolisiert das Objekt für dessen Vorbesitzer*in?
- Was macht es mit dem Gespräch, dass wir uns in diesem universitären Kontext begegnen? Welche Interessen verfolgen Spendende mit ihrer Spende?
Werden all diese Ebenen im Gespräch und in der späteren Materialauswertung mitgedacht, halten ethnografisch erhobene Materialen wie Interviews eine Vielzahl von Erkenntnismöglichkeiten bereit!
Übungen
Übung 1
Beim Führen von Interviews sind einige ethische Prinzipien zu beachten.
Nachfolgend könnt ihr euch ein wenig mit Begrifflichkeiten vertraut machen.