Die Recherche

Glückauf! Die Recherche ist mit einer Gold­mine zu ver­gleichen: Für deine Haus­arbeit musst du er­tragreiche Quellen und Sekundär­literatur finden und ent­sprechende Adern auf­finden! Wo und wie du diese findest, er­klären wir dir hier.
Die Be­antwortung einer wissen­schaftlichen Frage basiert immer auf der Analyse von Quellen. Als Quelle kann man sich alles vor­stellen, an das man Fragen stellen kann. Die Antworten auf diese Fragen helfen dir deine Forschungs­frage zu be­antworten.

Das klingt ein bisschen nach den sprechenden Tassen bei Disney, doch leider musst du die Antworten selbst finden.

Wir helfen dir dabei Fragen an deine Quellen zu formulieren, die dich garantiert weiter­bringen.

Doch was könnten ge­eignete Unter­suchungs­objekte sein?
Du findest hier eine kleine Auswahl an Möglich­keiten, doch lass dich davon nicht in deiner Kreativität ein­schränken.

Textilien

Alle Arten von Textilien stehen dir als Quelle zur Verfügung. Darin eingeschlossen sind zum Beispiel Kleidungsstücke. Auch Plastiken, auf denen bekleidete Personen zu sehen sind, können verwendet werden.

Materialien und Geräte

Auch diese können Ausdruck materieller Kultur sein und funktionieren als Quelle z. B. für Arbeitsbedingungen oder das Selbstverständnis eines/r Handwerkers/in oder einer/s Künstlers/in.

Dingensembles

Damit sind Objekte im Kontext ihrer Überlieferungsorte gemeint. Zwei gegensätzliche Beispiele dafür sind Museen und der eigene Dachboden. Auch die Ausstellung im Museum kann selbst zur Quelle werden.

Wissenschaftliche Texte

Texte wie Monographien, Zeitschriften und Sammelbände sind ebenfalls Quellen. Auch Enzyklopädien, Handbücher und Ausstellungskataloge können geeignet sein.

Mündliche Quellen

Gespräche und Interviews sind Quellen. Auch Zeugen des kommunikativen und kulturellen Gedächtnisses, wie z.B. Monumente, können Quellen sein.

Visuelle und textuell-visuelle Quellen

Darin eingeschlossen sind Bilder wie Gemälde und Fotografien sowie Kataloge und Zeitschriften aller Art.

Die Quellen­kritik

Beim Suchen von Quellen ist es wichtig zu wissen mit welcher Art von Quelle wir es zu tun haben. Das wird dann ent­scheidend, wenn wir sie genauer analysieren möchten.

 

Die gängigste Unter­scheidung ist die zwischen “Über­rest” und “Tradition”. Wie das funktioniert, er­klären wir dir in der folgenden Grafik:

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27 v. Chr.

Die römische Kaiserzeit

Das römische Reich erreicht seine Blüte­zeit. Kulturelle Erinnerung­en in Form von Bild und Schrift häufen sich, genauso auch die materielle Kultur der Gesellschaft.
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28 v. Chr.

Zeitgenössische Dokumentation

Ein Geschichts­schreiber do­kumentiert das erste Jahr der Kaiser­zeit und lobt dabei den Kaiser „Octavian“.
Hier­bei handelt es sich um eine sogenannte „Traditions­quelle“, da sie die Über­lieferung an eine nach­folgende Ge­neration im Sinn hat und aktiv voran­treibt. D. h. der Autor ver­folgt wahr­scheinlich eine ge­wisse Absicht und ist nicht neutral.
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2010

Funde bei Ausgrabung

Bei Bau­arbeiten werden die Über­reste eines römischen Bau­werks ge­funden. Neben Mauer­resten tauchen auch jede Menge Alltags­gegenstände aus der Zeit auf und liefern wichtige Information­en zum Alltag im römisch­en Reich.
Hier­bei handelt es sich um eine „Überrest­quelle“, da keines der Objekte durch eine Absicht über­liefert wurde. Dadurch sind die Quellen weitest­gehend „neutral“.
Quellen­kritik bezeichnet den kritischen und reflektiert­en Umgang mit Materiali­en, um eine klare Arbeits­grundlage zu bilden. Die Quelle muss also zunächst “aus­gezogen” werden, damit wir wirklich er­kennen, womit wir es zu tun haben.
Wir nennen diesen Schritt “äußere Quellen­kritik”, schauen uns also die Echt­heit und Voll­ständigkeit der Quelle an. Nach­dem die Quelle also “ent­kleidet” ist, beginnt die “innere Quellen­kritik”, bei der zum Beispiel die Zeit­nähe und Wertung­en analysiert werden. Eine Orientier­ung bei diesem Vor­gehen können die “W-Fragen” bilden:
  • Wer? (Autor/Verfasser)
  • Wann? (Entstehungs­zeit)
  • Wo? (Entstehungs­ort)
  • Was? (Welche Art von Quelle)
  • An wen? (Adressat)
  • Wie? (Art der Quellen­über­lieferung)
  • Was sagt die Quelle, worüber bewahrt sie Schweigen?
Diese Fragen solltest du an alle Quellen, die du in deiner Haus­arbeit be­nutzen möchtest, stellen. Egal ob es ein Tweet ist, eine Mode­zeitschrift oder eine Aus­stellung. Immer solltest du ent­scheiden, ob du es mit einer “Tradition” oder einem “Über­rest” zu tun hast. Dann arbeitest du die Fragen ab.
Mit “Traditions-Quellen” musst du besonders vorsichtig umgehen: der Autor und seine Intention­en müssen immer hinter­fragt werden.

Auch die besten wissen­schaftlichen Autoren färben ihre Texte mit ihrer eigenen Meinung, das ist un­vermeidbar. Gerade ältere Texte müssen kritisch be­trachtet werden.

Information­en ent­nommen aus: Budde, G. (2008). Quellen, Quellen, Quellen… In G. Budde/ D. Freist/ H. Günther-Arndt (Hrsg.), Geschichte. Studium – Wissen­schaft – Beruf. (S. 52-69). Berlin: Akademie Verlag.

Aber wie wendet man diese Leit­fragen auf die Quellen konkret an? Drei Bei­spiele sollen dir zeigen, wie Quellen­kritik in der Praxis funktionier­en kann:
Kleiderstange
Bei der Analyse von Kleidung sollten zuerst Zeit, Ort und Kontext der Ent­stehung zusammen­getragen werden. Ebenfalls sollte man sich bewusst darüber werden, ob man eine Traditions- oder Über­rest-Quelle vor sich hat. Von da aus führt die Analyse weiter zum Zweck der Kleidung, ihrer gesell­schaftlichen Be­deutung, etc.. Bei zeit­genössischer Kleidung können Interviews mit ehe­maligen oder aktuellen Trägern*innen sinnvoll sein.
Bei Mode­zeitschriften liegt der Fokus auf dem Verlag und den Köpfen dahinter. Was ist deren Ziel­setzung oder Agenda? Profit? Politische Einfluss­nahme?
Außerdem ist natürlich das Datum und der (örtliche) Kontext der Veröffentlich­ung wichtig: welche Ziel­gruppen sollen mit der Zeit­schrift an­gesprochen werden und durch welche Techniken wird dies erreicht. Auch die ent­haltenen Foto­grafien müssen kritisch analysiert werden: Wer hat das Foto gemacht und zu welchem Zweck? Welche Körper­bilder und Geschlechter­rollen werden ver­mittelt?
Modezeitschrift
Social Media
Auch Social-Media-Beiträge können und müssen quellen­kritisch unter­sucht werden. Das Profil des Nutzers, seine Follower und weiteren Bei­träge sind zentral:
Wer steckt hinter dem Tweet? Mit welcher Intention und mit welchen Adressaten im Hinter­kopf wurde der Beitrag verfasst?
Da es oft um tausende Tweets über einen längeren Zeit­raum geht, benötigt man ggf. ein Hilfs­programm: Bei der Analyse von Tweet-Netz­werken und deren Visualisierung kann z. B. das Open Source Tool Gephy ver­wendet werden. Dann wird auch klar wer ein Bot ist und wer nicht.

Literatur recherchieren

Wer suchet, der findet

Wer Quellen analysieren und ein­ordnen möchte, benötigt ein ent­sprechendes Hinter­grundwissen. Ohne diese Grundlage kann eine Quelle nur schwer ein­geordnet oder hinter­fragt werden.

Das Hinter­grundwissen kannst du dir aus der be­stehender Forschung erarbeiten.

Bei tausenden Neu­erscheinung­en pro Jahr in deinem Fach­gebiet, benötigst du Strategien aktuelle Forschungs­debatten in an­gemessener Zeit zu durch­dringen. Du musst Relevantes schnell er­kennen ohne jeden Text aus­führlich zu lesen. Dafür sollte man einige Tipps zur Literatur­recherche kennen:

Schneeballsystem

Schneball­system bezeichnet die Suche nach weiterer Literatur in den Ver­weisen von bereits als gut be­fundenen Werken. Für diese Suche empfiehlt sich, aktuelle Literatur zu ver­wenden.

L

OrbisPlus

Das haus­eigene Ver­zeichnis der Uni-Bibliothek und Landes­bibliothek gibt es hier. Es lohnt sich, auch andere Kataloge ein­zubeziehen, da OrbisPlus und der GVK nicht alles abdeckt und ins­besondere englisch­sprachige Literatur nicht immer zu finden ist.
Empfehlens­wert ist der Karlsruher Virtuelle Katalog.

Fernleihe

Was in der eigenen Biblio­thek nicht ver­fügbar ist, gibt es vielleicht in einer anderen. Dazu schaut man am besten in den „GVK“ (Ge­meinsamer Verbund­katalog) , dort kann man für 1,50€ pro Buch Literatur per „Fernleihe“ in die eigene Biblio­thek bestellen.

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Fachinformation

Bezeichnet die Daten­banken und Recherche­empfehlungen der je­weiligen Fächer. Die meisten davon findest du hier.

Dissertationen

Eine Sammlung von ver­schiedenen Dissertation­en findest du hier online über die Uni-Bibliothek.

Lesetechniken

Wissen effizient erfassen

Einen spannend­en Krimi liest man gerne von Deckel zu Deckel auf der Couch mit Tee und Kuschel­decke. Doch akademische Texte sind selten so spannend und es warten noch zehn weitere Bücher auf einem Stapel.
Man muss sich also einige Technik­en aneignen, die es er­möglichen ein 300 Seiten Buch in kürzester Zeit zu be­arbeiten.

Exzerpieren

Inhalte langfristig behalten

Exzerpieren kann mit “raus­schreiben” um­schrieben werden, klingt nur nicht so schlau. Wenn du also einen Text be­arbeitest, solltest du immer parallel auf­schreiben, was daran relevant für deine aktuelle Arbeit ist.

Schau dir zuerst die Gliederung des Textes an (Inhalts­verzeichnis, Über­schriften etc.), lies die Ein­leitung und den Schluss. Dann arbeitest du dich abschnitts­weise durch relevante Passagen. Fasse Gedanken, Thesen und Argumente des Autors/ der Autorin in eigenen Worten zu­sammen. Wenn es doch ein wörtliches Zitat oder eine Para­phrase sein soll, dann notiere immer die biblio­graphischen Angaben und die Seiten­zahl.

Wenn du eine spezifische Frage­stellung an den Text hast, dann kannst du direkt unter diesem Gesichts­punkt exzerpieren.

Du kannst ganz old-school Kartei­karten be­nutzen, um deine Exzerpte zu ordnen, oder auch passende farbige Post-Its zu ge­planten Kapiteln der Haus­arbeit ein­kleben. Denn es gibt nichts Ärger­licheres, als sich einfach nicht mehr zu erinnern, wo man eine passende Aussage ge­funden hat!

Natürlich geht das auch digital mit Citavi oder Endnote für Appel­jünger*innen. Beides mächtige Literatur­verwaltungs­pro­gramme. Diese kosten dich auch keinen Cent, denn die Uni hat Campus­lizenzen!

Segen und Fluch des Internets

Ein aktuelles Medium richtig nutzen

Internet­quellen sind sehr leicht zu­gänglich und vor allem bequem! Wer sitzt nicht lieber mit dem Laptop im Bett, als am Wochen­ende in der Bibliothek? Aller­dings bietet das Internet eine Platt­form für alles und jeden, während Material der Bibliothek bereits eine “Vor­auswahl” durch­laufen hat. Daher ist die Bibliothek häufig doch die be­quemere Lösung, aber auch die fort­schreitende Ent­wicklung des Internets bietet einige Chancen!
Wikipedia ist toll und einfach, aber würde man einen Artikel über römische Sanitär­anlagen in der Haus­arbeit zitieren, wenn man wüsste, dass ihn der Klempner von nebenan ver­fasst hat? Genau das ist Wiki­pedia! Natürlich kann auch der Nach­bar ein be­gnadeter Hobby­historiker sein, daher sind die Artikel für eine Erst­orientierung immer sehr praktisch, aber sicher nicht zitier­fähig.
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Tipp

Oft findet sich unter Wikipedia-Artikeln eine Biblio­graphie, mit der man gute weiter­führende Literatur­hinweise erhält. Ins­besondere zeit­historische Artikel ent­halten oft Ver­weise auf Zeitungs­artikel, Web­ressourcen, Radio­sendung und populäre Medien.
Wer ein ganz gewiefter “Bibliotheks-Verweigerer” ist, findet bei seiner Suche schnell die Seiten Google Books oder Google Scholar, die ver­meintlich jedes reale Buch ersetzen. Wenn alles immer so einfach wäre! Denn Google gibt oft nur Aus­züge aus Büchern wieder, in denen wichtige Ab­schnitte fehlen könnten.
Hier gilt:
Rein­schmökern und wenn das Buch geeignet scheint mal in der Bibliothek in die Hand nehmen. Sicher ist sicher und der Kaffee dort ist auch in Ordnung!
Wenn du Glück hast, gibt es den Text sogar als digitalen Voll­text in OrbisPlus.

Tipp

Unser Gehirn verknüpft Ge­lesenes besonders gut mit realen Ob­jekten.
So bleiben In­halte viel besser hängen, wenn sie in einem Buch ge­lesen wurden und nicht am Bild­schirm. Klick das Frage­zeichen für mehr Infos zu diesem Phänomen.

Quellenkritik online

Die Spreu vom Weizen trennen

Schluss mit dem Ge­mecker und her mit den guten Seiten! Be­sonders geeignet sind natürlich die haus­eigenen Bibliotheks­zugänge, in denen viele Bücher oder Online-Daten­banken digital verfügbar sind. Auch wissen­schaftliche Journale, diverse Zeitungen und z.B. online publizierte Dissertation­en sind tolle Ressourcen.

Einige Universität­en arbeiten ebenfalls am Verfügbar­machen von Forschungs­daten und Forschungs­ergebniss­en und bieten offene und freie Platt­formen an. Und das aller­beste ist, dass sich durch die fort­schreitende Ent­wicklung des Internets immer wieder neue Möglich­keiten ergeben.

Wie bei analogen Quellen solltest du bei jeder Seite heraus­finden, wer sie ver­fasst hat und ob man der Person be­gründet Glauben schenken kann. Da funktioniert das Bauch­gefühl meistens schon sehr gut… oder ein Blick in das Impressum bzw. die “Wir über uns” Seite.

Nach­folgend findest du zwei gute Beispiele für Web­seiten und Kriterien, die es er­leichtern eine Seite zu über­prüfen:

historicum.net

…ist ein sogenannter Fachinformationsdienst für europäische Geschichte. Dieser sammelt Informationen in enger Zusammenarbeit mit Historiker*innen . Das schließt den Kauf von digitaler Literatur und die Erstellung von Datenbanken ein. Als Student der Uni Oldenburg erhält man auch hierauf Zugriff.

statista.com

… ist ein Unternehmen, dass Statistiken zu allen möglichen Themen erstellt und vertreibt. Damit hat es zwar einen kommerziellen Hintergrund, steht aber für Glaubwürdigkeit und akkurate Arbeit. Zugriff auf die Statistiken erhalten Studenten der Universität Oldenburg kostenlos und automatisch.

… ist ein Unter­nehmen, dass Statistiken zu allen möglichen Themen erstellt und vertreibt. Damit hat es zwar einen kommer­ziellen Hinter­grund, steht aber für Glaub­würdigkeit und akkurate Arbeit. Zugriff auf die Statistik­en erhalten Studenten der Universität Oldenburg kostenlos und auto­matisch.

Eine seriöse Internet­seite sollte immer ein Impressum haben. Hier kann ein­gesehen werden, wer für die Inhalte der Seite ver­antwortlich ist.

Viele Internet­seiten finanzieren sich durch Klicks und Werbung oder durch den Verkauf. Bei solchen Internet­quellen ist oft nicht deutlich, welche Absicht verfasste Texte ver­folgen. Im schlimmsten Fall: Ein Sponsor hat einen Artikel ge­kauft und benutzt ihn für PR oder Werbung. Ein Artikel über Arbeits­verhältnisse in Indien, der durch einen großen Textil­konzern ge­sponsert wurde, solltest du kritisch betrachten.

Zumeist haben Web­seiten einen thematischen Schwer­punkt.
Ein Artikel über „Katzen im alten Ägypten“ scheint auf den ersten Blick fundiert, doch da er sich auf den Seiten eines Katzen­futter­herstellers befindet, wurde er wohl nicht von einem Ägyptolog­en ver­fasst und stellt keine zitier­fähige Quelle dar (übrigens ein Beispiel aus dem akademischen Tages­betrieb).

Wenn du Information­en online findest, versuche mindestens zwei weitere glaub­würdige Quellen zu recherchier­en, die diese Information be­stätigen oder widerlegen. 

Lernaufgaben

Zur Recherche

Quiz: Recherchieren will gelernt sein

Literatur angeln

Abfrage: Unseriöse Internetseiten erkennen